Offene Türen müssen offen bleiben – Offener Brief der AGOT Köln

Die Arbeitsgemeinschaft offene Tür Köln (AGOT Köln) hat sich mit einem offenen Brief an die Stadt Köln gewandt, in dem sie auf die extreme Kostensteigerung für die Offene Kinder- und Jugendarbeit aufmerksam macht und Forderungen aufstellt, damit Offene Kinder- und Jugendarbeit auch weiterhin ihren Bildungsauftrag wahrnehmen kann.

Gerne veröffentlichen wir den Brief der AGOT Köln im Folgenden:

OFFENER BRIEF


Offene Türen müssen offen bleiben – der beste Schutz gegen soziale Kälte
Sehr geehrte politisch Verantwortliche der Stadt Köln, des Landes NRW sowie des Bundes, in den zurück liegenden Tagen und Wochen sind Sie in Ihren politischen Verantwortungsbereichen mit etlichen noch nie dagewesenen Herausforderungen, lokalen sowie globalen Krisen und den damit zusammenhängen Sorgen von Bürgerinnen und Bürgern konfrontiert worden. Auswirkungen dieser Umstände finden sich nicht zuletzt in den massiven Steigerungen der Energiekosten sowie der Inflation von Verbrauchsgütern wieder. Wir wenden uns heute an Sie, um Ihre tatkräftige Unterstützung zu erbitten, damit auch im Jahr 2023 das non-formale Bildungsfeld der Offenen Kinder- und Jugendarbeit in seiner Struktur erhalten bleibt!

Wer wir sind:
Als Verbund der Arbeitsgemeinschaft Offene Türen Köln (AGOT) gemeinsam mit der Jugendzentren Köln gGmbH bilden wir das Arbeitsfeld der Offenen Kinder- und Jugendarbeit in Köln ab. Unsere Arbeit ist ein Bildungsauftrag, der an den Interessen junger Menschen anknüpft und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet wird, ihnen soziale Teilhabe ermöglicht, sie zur Selbstbestimmung befähigt und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung sowie zu sozialem Engagement anregt und hinführt. Dabei sollen die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit der Angebote für junge Menschen mit Behinderungen sichergestellt werden.

Wen wir erreichen und für wen wir uns einsetzen:
In den rund 80 Kölner Offenen Türen erreichen wir 15.000 Kinder und Jugendliche als Stammbesucher*innen, die wöchentlich unsere Angebote, Räume und Unterstützung sowie Förderung nutzen. Hierbei ist uns wichtig, dass wir alle Kinder und Jugendliche, egal welcher Herkunft, Nationalität und welchen Geschlechts zugehörig fühlend, gleichwertig erreichen. Unsere Angebote richten sich an Kinder und Jugendliche mit und ohne Beeinträchtigung. Insbesondere auch in der Corona- Pandemie ist es uns durch digitale und aufsuchende Arbeit gelungen, Kindern und Jugendlichen unterstützend und solidarisch in diesen besonderen Krisenzeiten zur Seite zu stehen. Diesen Anspruch erheben wir weiterhin: Interdisziplinäre Studien zeigen, dass insbesondere Kinder und Jugendliche während der Pandemie und auch gegenwärtig besonders belastet sind. Die Jugendlichen benötigen Strukturen, Kontinuität, Begegnung, (Frei-)Räume und verlässliche Ansprechpartner*innen, mit denen sie ihre Sorgen und Nöte besprechen können, die sie stärken und gesellschaftliche Orientierung in allgemein schwierigen Zeiten und soziale Werte vermitteln. Deshalb setzen wir uns weiterhin und mit Nachdruck für die Interessen „unserer“ Kinder und Jugendlichen und somit für das Versprechen einer sozialen Zukunft ein!

Was wir für Kinder und Jugendliche bieten:

  • Persönlichkeitsentwicklung und –entfaltung
  • Kennenlernen demokratischer Strukturen und Prozesse
  • Soziale Teilhabe und Partizipation
  • Ein Ort, den sie verlässlich nutzen und gestalten können
  • Musische, kreative, sportliche, kulturelle sowie (aus)bildungsorientierte Angebote
    einen Ort für Selbstorganisation von und für Jugendliche
  • die Unterstützung und Ermöglichung von Ehrenamt und bürgerschaftlichem Engagement – nicht zuletzt von Jugendlichen und jungen Erwachsenen

Welche Herausforderungen uns bereits erreicht haben und auf uns zukommen:
Neben den fachlichen Herausforderungen dieser Zeit, denen wir uns gerne und bewusst stellen, sehen wir uns einer massiven wirtschaftlichen Bedrohung gegenüber: Rund 80 % unserer Kosten stellen Ausgaben für das Personal dar, die verbleibenden 20 % sind Sachkosten.
Einer jährlich steigenden Förderung durch die Kommune ab 2023 in Höhe von 1,2 % per Anno stehen bereits ab Juli 2022 rund 5 % Tarifsteigerungen (TVöD-SuE) entgegen. Nach dem Auslaufen des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst zum 31.12.2022 werden für das Jahr 2023 weitere Tarifsteigerungen von mindestens 7% prognostiziert. Hinzu kommen infolge des Russland- Krieges gegen die Ukraine deutlich erhöhte Energie- und Stromkosten und allgemeine Sachkostensteigerungen in Höhe von 10 % auf uns zu, die in Teilen bereits heute Realität in unserem Alltag sind. Nach zwei Jahren Pandemie und dem Ausschluss der Gewinnerzielung sowie des Gebots der zeitnahen Mittelverwendung sind Rücklagen bei uns als gemeinnützigen Trägern nicht mehr
vorhanden.

Dieses Auseinanderklaffen von Förderung sowie den realen Kosten können die Träger und Einrichtungen absehbar nicht bewältigen!


Was wir fordern:
Der Rat der Stadt Köln hat am 10. November 2022 beschlossen, die zahlreichen Träger, Vereine und Institutionen, die für die Stadt freiwillige kommunale Leistungen erbringen, in der derzeitigen Krise bei den steigenden Personal- und Energiekosten zu unterstützen. Hierfür stellt der Haushalt für die Jahre 2023 und 2024 einen Betrag von jeweils fünf Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung. Diese Unterstützung der Stadt Köln ist wichtig – sie wird jedoch nicht ausreichen.

Die Stadt Köln, das Land NRW sowie der Bund stehen gemeinsam in der Pflicht, die Träger der Kinder- und Jugendarbeit ab zu sichern.

Die steigenden Personal- und Energiekosten müssen dynamisch in tatsächlicher Höhe aufgefangen werden.
Eine Verzögerung der Freigabe und Auszahlung von Fördermitteln aus Kommune, Land und Bund ist unbedingt zu vermeiden. Wie schon oben beschrieben, treffen uns nicht gegenfinanzierte Mehrkosten schon in diesem Jahr mit großer Wucht und bringen die Träger an den Rand ihrer Zahlungsfähigkeit. Ist dieser überschritten, bleibt die Offene Tür dauerhaft zu…
Aber besonders die Räume der Jugendförderung müssen für Kinder und Jugendliche im Winter und den kommenden Jahren offen bleiben – sonst wird es in Köln, NRW und im Bund
kälter!

Was Sie für uns und für die Kinder und Jugendlichen tun können:
Tragen Sie in Ihrem Verantwortungsbereich Sorge dafür, dass der non-formale Bildungsbereich Offene Kinder- und Jugendarbeit nicht vergessen wird. Ermöglichen Sie durch Ihre politische Entscheidung die verlässliche und nachhaltige Unterstützung und Existenz von Jugendförderung. Wir erreichen die Kinder und Jugendliche aus Haushalten mit geringem Einkommen.

Nur gemeinsam werden wir diese gesamtgesellschaftliche Herausforderung stemmen!

AGOT Köln – Arbeitsgemeinschaft offene Tür Köln – An St. Katharinen 5, 50678 Köln – info@agot-koeln.de

Wir stehen Ihnen als Ansprechpartner*innen und für Rückfragen selbstverständlich gerne zur
Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Vorstand AGOT Köln und Geschäftsführung JUGZ gGmbH
ViSdP: Bernd Naumann, gf@quaeker-nbh.de, 0221 – 95 15 40 10

221212_Offener Brief von AGOT und JUGZ Köln an politisch Verantwortliche

 

Bild: elizaveta-kushnirenko/unsplash.com

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