Dann beteiligt sie doch einfach!
Die Beteiligung von jungen Menschen in allen Belangen des gesellschaftlich demokratischen Zusammenlebens sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Es werden schließlich die jungen Menschen sein, welche zukünftig die Konsequenzen von Entscheidungen tragen müssen, die heute getroffen werden. Ob Veränderungen des Klimas, die unser weltweites Zusammenleben sicherlich vor große Herausforderungen und Veränderungen stellen wird oder die Auswirkungen der politischen Krisen und Kriege, die wir derzeit erleben. Letztlich betreffen alle politischen Entscheidungsbereiche langfristig die Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen: Bildung, Verkehr, Rente, Umwelt, …!
Werden Kinder und Jugendliche in unserer Demokratie gehört, beteiligt und dürfen sie an Entscheidungen mitwirken?
Der kleine Fernsehbeitrag zur besten Sendezeit der Comedienne Carolin Kebekus am 18.08.2024 im Ersten, beantwortet diese Frage mit einem klaren ‚NEIN‘!
Die Offene Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) arbeitet seit jeher partizipativ. Kinder und Jugendliche in den Alltag, in Fragen des Miteinanders der Offenen Türen transparent einzubinden, stellt ein Arbeitsprinzip der OKJA dar. Dies ist nicht zuletzt auch im § 11, SGB VIII festgelegt, in dem es heißt: „… Sie (Angebote der Jugendarbeit; Anm. d. Red.) sollen an den Interessen junger Menschen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen.“ Diesen Auftrag erfüllen die Offenen Türen nicht nur innerhalb der Einrichtung, sondern sind mit ihren Besuchenden auch im Sozialraum aktiv. Hier treffen sie aber immer wieder auf Widerstände. Junge Menschen an der Gestaltung ihrer Lebenswelt zu beteiligen, das ist eher Seltenheit als Selbstverständlichkeit. Dabei gelingt Kinder- und Jugendbeteiligung nur dann, wenn man Kindern und Jugendlichen eine Stimme gibt, dort wo sie sind/ wo sie einen Lebensbezug haben… in ihrem Stadtteil, in ihrer Kommune, in ihrem Jugendzentrum etc. Es gibt gute Ansätze, Ideen und Anregungen wie Kommunen die Beteiligung von jungen Menschen etablieren können. Diese bedarf es kommunalerseits aber auch aufzugreifen und umzusetzen.
Die LAG Kath. OKJA NRW e.V. setzt sich auf Landesebene in verschiedenen Gremien und Netzwerken dafür ein, dass Kinder und Jugendliche die Möglichkeit erhalten für ihre Bedarfe selbst einzustehen, indem sie einfach beteiligt werden. Das gilt für die Einrichtungen der OKJA, aber auch für alle anderen Bereiche und Orte, die die Lebenswelt junger Menschen ausmachen und in die OKJA hineinwirkt. Schließlich stellt Beteiligung die Basis demokratischen Handelns und demokratischer Werte dar.
„Weil die Kinder und Jugendlichen in unserem Haus so viel mitgestalten können, übernehmen sie entsprechende Verantwortung dafür, dass alles gut läuft und heil bleibt. Sachbeschädigung ist hier kein Thema.“ (Björn Schmidt-Freistühler, Caritas Kinder- und Jugendtreff Hillerheide, Recklinghausen)
Wahre demokratische Beteiligung verläuft selten vertikal auf einer Zielgerade. Dies ist auch ein Ergebnis unseres Projekts zur Politischen Bildung in der OKJA 2022/23. Sind Beteiligungsformate zeitlich entfristet, sind Ziele offen und auch im laufenden Prozesse verhandelbar, so wirkt Beteiligung automatisch demokratiefördernd und zudem politisch bildend.
„Partizipation bedeutet, sich von dem Gedanken zu verabschieden, alles zeitlich und strukturell durchzudenken zu können. Es ist sozusagen ein Entkapitalisieren von Sozialer Arbeit.“ (Björn Schmidt-Freistühler, Caritas Kinder- und Jugendtreff Hillerheide, Recklinghausen)
Projektfördermittel des Landes NRW, auf welche die OKJA zurückgreifen muss, um den Bedarfen der Besuchenden gerecht werden zu können, sind aber zeitlich gebunden und zielorientiert. Weiterhin ist es in aller Regel für die Bewilligung von Anträgen auch zwingend erforderlich Methoden festzulegen. Demzufolge wird durch die starre Förderstruktur Beteiligung eher verhindert als gefördert!
Die LAG Kath. OKJA NRW setzt sich schon lange dafür ein, die Förderstrukturen in NRW aufzubrechen und an den Bedarfen der Praxis orientiert anzupassen. Zum einen muss der Kinder- und Jugendförderplan seine Richtlinien für wahre Beteiligungsformate überarbeiten und zum anderen sollten Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit in NRW ganz grundsätzlich und besonders in Zeiten dauerhafter Krisen und einer gewissen Destabilisierung von Demokratie auskömmlich und infrastrukturell finanziert werden. Eine gesicherte Finanzierung ermöglicht es Fachkräften auch zeitnah auf Bedarfe zu reagieren und Beteiligung struktureller zu verankern und somit Demokratie zu stärken.
Dafür setzen wir uns auch weiterhin ein und wünschen uns viele weitere Mitstreiter*innen für diese wichtige Lobbyarbeit für junge Menschen! Für die OKJA und für ein demokratisches Miteinander in NRW.
Quellen und Literatur:
- Die Zitate stammen aus einem Abschlussgespräch mit dem Einrichtungsleiter Björn Schmidt-Freistühler im Rahmen eines landesweiten Projekts zur Partizipation in der OKJA, 2022.
- Arbeitshilfe zum Projekt „Politische Bildung in der OKJA“ der LAG Kath. OKJA NRW: „Action Research: Die sozialräumliche Erforschung von Politik und dem Politischen von und mit Kindern und Jugendlichen in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit“
- Netzwerk Jugendpolitik NRW: Kinder- und Jugendbeteiligung für eine lebenswerte Kommune. https://www.lag-kath-okja-nrw.de/kinder-und-jugendbeteiligung-fuer-eine-lebenswerte-kommune/